Da ist er also, dieser Post auf der neuen Plattform. Ich hatte eigentlich beschlossen, keinen Blog mehr zu betreiben. Das liest eh niemand und der Wartungsaufwand war zumindest mit Wordpress nicht ganz ohne. Ich wollte das nicht mehr. Warum also jetzt doch wieder?
Weil ich der Ansicht bin, etwas zu sagen zu haben, egal, ob das jetzt irgendwen interessiert oder nicht. Es will eben einfach raus.

WENN DU UNTER 16 BIST: Geh. Genieße das Leben. Aber lies hier bitte nicht weiter.

Wir alle haben unsere Päckchen zu tragen, kleinere, größere. Solche, die für mich wichtig sind, sind für andere vielleicht lächerlich. Trotzdem möchte ich hier ein bisschen über mich erzählen, weil ich glaube, dass mir das gut tut.
Ein kleiner Disclaimer: Ja, ich habe ältere Leute in meinem Umfeld und das ist auch gut so. Diese, sofern sie das hier lesen, sollen sich bitte explizit von dem weiter unten stehenden ausgenommen sehen. Es geht hier um Vergangenheit und zukünftige Sachen und im Speziellen um queere Kontakte. Ich schmeiße Freundschaften nicht wegen des Alters von Leuten weg.

Ich bin schwul. Schon lange auch offen (Zugegeben: als Single fast ohne soziale Kontakte ist das gar nicht sonderlich schwer). Ich habe eine Depression. Schon lange. Sie ist meist nicht sonderlich stark ausgeprägt, aber irgendwie immer da. Ich habe nie darüber geredet, immer eine mehr oder weniger gute Fassade hin gestellt. Meistens habe ich das gut im Griff. Wenn es GAR nicht geht, ziehe ich mich eigentlich eher zurück, als irgendwelche Leute zu nerven. Ausnahmen gibts.
Über die Depression zu schreiben, fiel mir ziemlich schwer. Siehe "Mumm" weiter unten im Text.

Zurück zur Fassade. Die kostet Energie. Viel Energie. Energie, die ich für Anderes brauche.
Eine Depression ist behandelbar, aber soweit ich das bislang verstanden habe, eben nicht heilbar. Man muss mit ihr umgehen lernen.
Wie Victor (der aus der Serie "Love, Victor") es in seiner schönen Rede über die Angst sagte, kann man das auch auf die Depression übertragen: Es hilft nicht, vor ihr wegzulaufen. Man muss sie umarmen.
Klingt kitschig? Ist es nicht. Wenn ich vor der Depression weg laufe, holt sie mich irgendwann ein und ich kann böse auf die Fresse fallen. Das ist alles andere als schön. Wenn Du selbst eine Depression hast, kennst Du das Gefühl.
Darum will, nein muss ich eben dieses "umarmen" lernen.
Ja, ich habe "Love, Victor" weg gesuchtet und dabei eigentlich andauernd geheult. So heftig hat mich lange nix mehr berührt. So heftig hat mir aber auch die "alte Freundin" lange nicht mehr die Beine weg gehauen.
Schon nach der ersten Staffel habe ich mich dann mal hingesetzt und einen Text geschrieben. Nur für mich. Er handelt von meinem bisherigen Leben. Von all dem, was dauerhaft hängen geblieben ist. Überraschung: da ist viel Negatives. Der Text umfasst inzwischen 7 Seiten und ich bearbeite ihn immer weiter.

Auch über mein Coming Out habe ich nachgedacht, über meine Zeit damals, was ich aus alldem gemacht hatte. Ich habe lange nicht den Mumm wie Victor in der Serie und war auch viel später dran als er.
Damals hab ich mich von Menschen beeinflussen lassen, mir Dinge einreden lassen. Das ging hin bis zum schlechten Gewissen. Meine eigenen Bedürfnisse sind dabei ziemlich untergegangen. Heute rächt sich das, wie ich finde.
Das noch gerade zu biegen, dürfte zumindest schwierig sein. Mir wird zwar immer gesagt, ich sähe deutlich jünger aus als ich wirklich bin, aber was bringt mir das, wenn Leute zum Einen nur auf die technischen Daten schauen, sich für die Person, den Menschen eigentlich gar nicht interessieren, sondern einfach nur ficken wollen und man "Leistung" erwartet? Und dann ist da dieser nicht mehr 20jährige, der bemüht ist, aber im Grunde gar nicht so viel Erfahrung hat. Soll er sich doch einen noch älteren suchen und da Erfahrungen sammeln.
Nein. Das funktioniert so nicht. Die Natur hat es eben so eingerichtet, dass man einen Menschen irgendwie attraktiv finden muss. Ich pack das nicht, mich irgendwem an den Hals zu schmeißen. Sorry. Und ja, ich habe auch schon ne Therapie gemacht, die mir durchaus geholfen hat. Dabei wurde aber auch klar, dass es mir nicht gut getan hat, mich damals aus Rücksicht überwiegend mit teilweise deutlich älteren Leuten umgeben zu haben. Tja und Leute in meinem Alter oder jünger sind kaum interessiert. Ich will da auch niemanden bedrängen.
Flirten? Trau ich mich schon lange nicht mehr.

Jetzt steh ich also da und bin froh, dass mich wenigstens meine Katzen akzeptieren, wie ich bin. Zu viele Jahre im Handel, Corona und nach rechts abdriftende Leute haben meinen Freundeskreis massiv schrumpfen lassen. Da ist kaum noch jemand, mit dem ich mal reden kann.

Wenn dann auch noch ne Erkältung rein haut, das Wetter scheiße ist, ich keinen Sport machen kann und nur ein kleiner Trigger da ist, schlägt bei allen Fortschritten, die ich gemacht hab, die Depression wieder gnadenlos zu. Im besten Fall bin ich dann einfach nur antriebslos. Dieses mal war es nicht ganz so einfach.

Bitte verzeih mir, wenn ich an solchen Tagen in diesem Social Media komisches Zeug mach. Die Alternative wäre, mich komplett einzuigeln. Ich weiß nicht, ob das so gut ist.
Demnächst habe ich eine kleine Auszeit, die eben auch dazu da ist, wieder besser klar zu kommen.
Ich möchte anschließend neue Freunde finden. Solche, die mir wieder Lebensfreude schenken, mich mitreißen, für die ich da sein kann und die für mich da sind und das nach Möglichkeit eben nicht nur in der Kneipe oder im Darkroom. Gerne jünger als ich, wir sollten uns aber schon irgendwie unterhalten können.
Jaha! Das ist ein versteckter Aufruf.
Wer weiß, vielleicht ist ja gar nicht alles so scheiße...

Falls Du mir etwas sagen willst:
schreib mir doch an chaosrind.zerschnurrt.de
Ersetze einfach den ersten Punkt durch ein at.
Oder schreib mir in diesem Fediverse. Du wirst mich schon finden.

Und jetzt: lieben Dank, dass Du Dir die so viel Zeit für mich genommen hast. Das bin ich so eher nicht mehr gewöhnt.

P.S.: "Love, Victor" kannst Du auf Disney+ streamen. Tipp: vorher "Love, Simon" gucken.