Hallo Leute,
da ist der versprochene follow-up nun endlich. Es hat jetzt doch etwas länger gedauert als geplant, aber so ist das eben, wenn man dann gerade direkt wieder in so ein kleines Loch schliddert. Ja, das kann auch passieren, wenn man $Medikament nimmt. Ich wollte nicht gleich was wer weiß wie starkes haben und damit sind wir quasi schon bei dem, wovon ich Euch heute erzählen möchte: Die Reha.
Disclaimer: Ich schreibe über meine Erfahrungen, in der Hoffnung, dass sie anderen helfen, sich selbst zu helfen. Das hier kann, wird und soll keine Therapie ersetzen. Ich weiß, wie scheiße so ne Depression zuschlagen kann. Deshalb: hol Dir Hilfe.
Bei ganz schlimmen Gedanken ruf bitte die Telefonseelsorge (0800-1110111) oder auch die 112 an.
NICHTS UND NIEMAND ist es wert, sich Dinge anzutun. Du bist wertvoll. Nimm dir nicht die Möglichkeit, das irgendwann mal zu genießen, nur weil irgendwer oder irgendwas dich gerade jetzt getriggert hat.
5 Wochen hatte ich Zeit, mich mit mir selbst zu beschäftigen, Dinge für mich zu klären oder zumindest irgendwie einen Kurs zu bestimmen. Genau das ist die erste wichtige Erkenntnis gewesen: Die Reha hilft, sofern man sich darauf einlässt, einen Kurs zu bestimmen. Laufen musst du anschließend aber selbst. Das heißt: Mit dem Ende der Reha ist die Arbeit noch lange nicht vorbei. Aber der Reihe nach.
Ich hatte mir für die Reha genau drei Vorsätze gesetzt:
- rege dich nicht sinnlos über Dinge auf, die du nicht ändern kannst
- mach dir keinen Stress, wo keiner ist
- lass dich auf die Therapien ein, egal wie komisch das erst mal wirken mag
Mit denen lag ich rückblickend gar nicht so schlecht. Es gab alle möglichen Therapien: Ergo, Sport, Physio und Psycho. Keine davon hat jetzt irgendwie plötzlich einen Hebel umgelegt und alles war gut. So in der Gesamtheit war das aber eben doch hilfreich.
Ich konnte ja auch beobachten, wie sich ganze Gruppen runter zogen, nur weil einer Person das Essen nicht schmeckte. Kann man machen, ist aber blöd und nicht hilfreich. Gruppendynamik kann eben auch so und in diese Richtung funktionieren.
Außerdem sehr hilfreich war der geschützte Raum, den man in der Reha hat. ALLE, die da sind, haben ja irgendwelche Probleme mitgebracht, mit denen sie fertig werden wollen. Im Idealfall triffst du auf wesentlich mehr Verständnis als "draußen". Die im letzten Post beschriebene Fassade kannst du vielleicht mal komplett fallen lassen. Das kann ich aber nicht als allgemeingültig behaupten, es kommt sehr stark auf dich, deine Probleme und eben auch die anderen Leute da an. Aber wenn das möglich ist, tut es unglaublich gut.
Im letzten Post hatte ich ja schon geschrieben, dass es schwierig ist, vor der Depression weg zu laufen. Wir haben in der Gruppe jede Menge darüber gesprochen. Du kannst natürlich all das Negative, was dir mal passiert ist, die Emotionen und was da noch so dran hängt, in einen Behälter packen und den fest verschließen. Weißt du, was du da gerade tust? Du baust eine Bombe. Irgendwann wird der Druck so groß, dass der Behälter das nicht mehr packt. Es knallt und haut dich von den Füßen. So richtig. Das willst Du nicht. Dann gibts da auch noch den Ansatz, die Depression als diesen schwarzen Hund oder die schwarz gekleidete Dame zu sehen. Mir gefiel das nicht und ich schlug etwas anderes vor:
Sieh die Depression als eine alte Freundin, die den ganzen Scheiß für dich sicher aufbewahrt. Sie gehört zu dir und du musst dich hin und wieder einfach mal mit ihr beschäftigen. Das ist der Preis. Auf der anderen Seite sind da Erkenntnisse, die dir auch im Umgang mit anderen helfen können und nicht zuletzt: wenn Du ihr den Schrecken nimmst, nimmst du ihr auch Kraft. Sie ist damit nicht weg, aber es wird erträglicher. Du wirst merken, da kommt eine Episode und du wirst damit umzugehen lernen. Das tiefe Loch, in das du immer gefallen bist, verliert seinen Schrecken.
Die Depression kommt ja eigentlich immer mit altem Scheiß, der durch irgendwas getriggert wird. Da ist eben nur zu einem kleinen Teil die Gegenwart mit drin. Versuche bestenfalls, den Trigger zu identifizieren. Den zu kennen, kann ganz hilfreich sein. Der Rest ist vorbei und du kannst das eh nicht ändern. Natürlich musst du dich irgendwann mal damit befassen, aber nicht JETZT, wo es dir dreckig geht.
Wenn du in so einem Moment anfängst, darüber nachzudenken, wirst du in ner Grübelschleife landen. Die wird eines nicht schaffen: Dein Problem lösen. Aber etwas anderes schafft sie: sie zieht dich noch weiter runter. Wenn du merkst, dass du dir ganz viele "Warum?" stellst, geh auf die Bremse. Versuch, dir das auf später zu verschieben.
Auch hilfreich: das, was ich hier tue: schreibs auf. Lies es später nochmal. Überarbeite deinen Text. Dabei kommst du teilweise zu ganz anderen Erkenntnissen als beim Grübeln. Und veröffentlichen musst du es ja nicht. Und du kannst das so oft machen, wie es dir hilft.
Übrigens, was hier zu lesen ist, ist nicht mein Text, den ich bei der letzten Episode aufgeschrieben habe. Der umfasst 7 Seiten und ist privat. Meine Therapeutin bei der Reha hat ihn aber lesen dürfen.
Was man damit dann noch alles anstellen kann, schreibe ich aber beim nächsten Mal.
Jetzt versuche erst mal, auf Trigger zu achten und dich vielleicht auch mal beim Grübeln zu "erwischen".
Und noch etwas für den Fall, dass es dir schlecht geht: Sei gut zu dir. Du bist der Mensch auf dieser Welt, der dich am allerbesten versteht, sofern du es zulässt. Unterscheide unbedingt Selbstmitleid (kontraproduktiv) und Mitgefühl mit Dir selbst (das hilft).
Soviel erst mal für dieses Mal. Ich weiß, der Text ist ein bisschen unstrukturiert, gerade kämpfe ich selbst wieder ein bisschen. Ich hoffe trotzdem, dass dir das hier was bringt. Beim nächsten Mal werde ich ein bisschen über Perspektiven schreiben. Das ist ganz interessant, also bleib dran!